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  Beschreibungen

Wolfram Adolph:

Das Instrument. in der CD-Beilage zu: Torsten Laux:
Franz Liszt (1811-1886), Die drei grossen Orgelwerke, Walcker-Orgel (Hans-Sachs-Haus), Gelsenkirchen 2000
ifo cd 000 69 LC 10725

 

Das Instrument

Die große Konzertsaalorgel im Hans-Sachs-Haus (Philharmonie) zu Gelsenkirchen wurde 1927 als Opus 2.150 durch die renommierte Orgelbauanstalt E. F. Walcker & Cie., Ludwigsburg, unter der Leitung von Dr. Oskar Walcker errichtet. Mit nahezu 100 Registern umfasst sie ein großdisponiertes Hauptwerk, drei (!) Schwellwerke (Positiv, Récit expressif, Solo] sowie Pedalwerk. Ursprünglich gesellte sich hierzu noch ein viertes Schwellwerk in Form des Fernwerks, das erst in der Nachkriegszeit ausgebaut wurde und zum baldigen Wiedereinbau vorgesehen ist. Dieses große Konzertinstrument (Manualumfänge: C-c"") läßt sich anhand der dispositionellen spät- bzw. nachromantischen Stilistik und des Erbauungsjahrs den ästhetischen Zielen der "Elsässischen Orgelreform" zuordnen. Nunmehr rund 75 Jahre alt, steht die Walcker-Orgel im Hans-Sachs-Haus heute unter Denkmalschutz und ist somit als ein "historisches" Dokument zu betrachten: als eines der ganz seltenen, nahezu vollständig erhaltenen Zeugnisse der orgelbaulich bedeutsamen zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Die Konzeption des Hans-Sachs-Hauses sah von Anfang an eine recht stattliche Saalorgel vor, ausgehend von der Idee eines modernen Bürgerzentrums für Handel, Gewerbe und Verwaltung mit integriertem großen Konzertsaal zur Pflege der Künste und Musik. Versinnbildlicht wurde diese Idee durch die Namensgebung Hans-Sachs-Haus als Ausdruck der Verbindung von Werktätigkeit und Kunstsinn. Die ambitionierte Bauhausarchitektur des ganzen Baukörpers, des Saales und der sehr viel Raum in Anspruch nehmenden Orgel ist genau aufeinander abgestimmt. Der Idee dieser Konzeption folgend wurde auf einen konventionellen, sichtbaren Orgelprospekt bewußt verzichtet und das Orgelwerk in seiner "natürlichen" Bauweise als "Werk-Orgel" belassen. Die Anzahl und Auswahl der Register sowie ihre Verteilung auf die einzelnen Teilwerke wurden gemäß der oben skizzierten ästhetischen Leitlinien konzipiert. Es entstand eine Orgel mit einem sehr mächtigen und charakteristisch-grundtönigen Klangfundament - bestehend aus Prinzipalen, Flöten und Streichern auf 32'-Basts, mit den entsprechenden Klangkronen in Form von Einzelaliguoten, Kornetten, vergleichsweise tiefliegenden Mixturen, Zymbeln - und v. a. mit den Kraft und Glanz spendenden, typischen Walckerzungen der Vorkriegszeit, die das Klangfundament ihrerseits beträchtlich ausdehnen. Ganz im Sinne der Orgelreform erhielten so die einzelnen Teilwerke ihren je typischen Klangcharakter. Das architektonische Ensemble von Hans-Sachs-Haus, Saal und Orgel besteht infolge der Kriegsschäden nicht mehr gänzlich unangetastet hinsichtlich seiner ursprünglich perfekt abgestimmten Homogenität. Der Komplex wurde nach Kriegsende teilweise umgestaltet, 1974 wurde auch das originale Fernwerk der Orgel entfernt. 75 Jahre Orgelgeschichte sind an dem einst als "Wunderorgel" gepriesenen Instrument nicht spurlos vorbeigegangen. Die mittlerweile zerschlissene Technik erzwang Restaurierungen, die alte elektropneumatische Traktur wurde 1982 durch eine dem damaligen Stand modernster Technik entsprechende elektronische Anlage, einschließlich einem modernen Spieltisch mit Setzerkombinationen und Spielhilfen, ersetzt. Die vergleichsweise unzuverlässigen Taschenladen wurden durch mechanische Schleifladen ersetzt. Der historische Pfeifenbestand der Orgel blieb in seiner Substanz so gut wie unangetastet und ist somit bis heute original erhalten geblieben. Das Instrument genießt bei Orgelfachleuten wie Organisten weltweit großes Ansehen und dient der Stadt Gelsenkirchen regelmäßig als Austragungsinstrument des renommierten Internationalen Orgelwettbewerbs Gelsenkirchen. Die vorliegende ifo-CD bietet die erste Tonträgereinspielung dieses Orgelwerks seit seiner Errichtung im Jahre 1927.

   

 

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