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  Presseberichte
  Buersche Zeitung, 24.02.1982 (Nr. 42)

Walcker-Orgel im Hans-Sachs-Haus endlich teilüberholt

Kostbares Instrument erstrahlt jetzt wieder mit reinem Klang

Neuer Spieltisch für 100 000 DM eingebaut / Organisten-Boykott drohte

GELSENKIRCHEN. (al) Sie gilt als Schmuckstück - und das auch längst beim breiten Publikum. Doch musizieren wollte an der kostbaren Walcker-Orgel im Hans-Sachs-Haus, einer der größten in Europa, zuletzt kaum noch ein Organist. Wiederholt drohten Konzerte zu platzen, weil die 1927 erbaute, doch mittlerweile altersanfällig gewordene Königin der Instrumente nicht mehr recht mitspielte. Angesichts arger "Patzer" durch den Verschleiß am Spieltisch entschloß sich die Stadt nun endlich, für 100000 DM einen neuen Spieltisch einzubauen und den alten an das Orgelbaumuseum in Borgentreich bei Münster abzutreten. Eine Entscheidung, die ihr umso leichter fiel, als die Preise davonzulaufen drohten, sich die Hoffnung auf Landeszuschüsse für das als denkmalwürdig eingestufte Instrument jedoch endgültig zerschlagen hat.


Vom Erfolg der teuren Operation überzeugen kann sich das Publikum im nächsten Orgelkonzert am 4. März um 20 Uhr. Der Frankfurter Organist Prof. Edgar Krapp testet das bereinigte Klangbild mit einem mehrere Jahrhunderte umfassenden Programm mit Werken von Bach, Mendelssohn-Bartholdy, Genzmer und Liszt. Wie es der Zufall will, bestritt der Vorgänger auf Krapps Lehrstuhl an der Frankfurter Musikhochschule, Prof. Helmut Walcha, 1927 das Eröffnungskonzert an dieser vielgerühmten Orgel.

Ein elektrisch betriebener getrennter Spieltisch, wie ihn die renommierte Orgelbaufirma Walcker hier zum erstenmal einbaute, galt damals als technische Sensation. Die Gelsenkirchener Walcker-Orgel war damals die dritte im Revier. Heute ist sie die einzige, nachdem die erste Walcker-Orgel in der Dortmunder Reinoldi-Kirche zerbombt, und eine weitere im Essener Saalbau auf Geheiß kurzsichtiger Stadtväter demontiert wurde.

Daß Gelsenkirchen heute ein solches Instrument besitzt, ist jenem Hausmeister zu verdanken, auf dessen Anregung hin es zwei Tage vor dem Abwurf einer Luftmine auf das Hans-Sachs-Haus ausgebaut wurde.

Seit er vor wenigen Jahren sein Nebenamt als Kustos antrat, hat Karl-Heinz Obernier, der Leiter der Städtischen Musikschule, nicht locker gelassen in seinem zähen Bemühen, dieses Prachtstück im Millionenwert angemessen herzurichten. Zunächst wurde das im Klang romantische, in der Vereinigung mehrerer Orgelwerke mit unterschiedlichem Klangcharakter jedoch an die Barock-Tradition anknüpfende Instrument für 10.000 DM wieder spielbar macht. Hätte die Stadt sich schon damals zur Generalüberholung entschlossen, hätten für 400.000 DM auch die teilweise stark oxydierten 5700 Pfeifen und die Laden des Instrumentes erneuert werden können. Heute kostet dies ein Vermögen.

Technisches Novum nach der vier Monate lang vorbereiteten, noch nicht abgeschlossenen 14tägigen Montage des neuen Spieltisches durch Spezialisten der Orgelbaufirma Walcker ist übrigens eine sogenannte elektronische Setzeranlage, die es erlaubt, alle 90 Register der Orgel schon Stunden vorher zu programmieren und sie während des Konzertes per Knopfdruck abzurufen.

   

 

 

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