Prächtige
Register herausgestellt
Prof. Edgar Krapp an der
Walcker-Orgel / Prominenter Organist zieht Scharen an
GELSENKIRCHEN. Großer Andrang zum
Orgelkonzert im Hans-Sachs-Haus: Es geht also doch! Daß sich
ein Vielfaches an Zuhörern im Vergleich zum schleppenden
Beginn dieser wiederaufgenommenen Konzertreihe einfand, hat
mehrere Gründe. Neben dem Namen des Solisten, Prof. Edgar
Krapp, der Kulturbeflissenheit vieler in dieser Jahreszeit und
dem sonntäglichen Termin waren es vor allem aber der erheblich
verbesserte Informationsfluß und die gänzlich andere, durchaus
als experimentell zu wertende Programmstruktur, welche das
Publikum an der Kasse Schlange stehen ließen.
Der Zündfunke lag
zweifellos in der Vortragsfolge. Offensichtlich findet in
dieser Umgebung eine liturgisch geprägte Werkauswahl nur
geringen Zuspruch. Die Frage nach dem "Mehr" aber schien
bisher unbeantwortbar. Krapp, der vorbildlich moderierte, hat
möglicherweise und hoffentlich den Knoten durchschnitten.
Eingangs war
Charles-Marie Widors berühmte und eingängige Orgelsymphonie
Nr. 5 zu hören. Sinfonisch im besten Sinne wurde sie
vermittelt. Von dem von atemberaubender Stille getragenen
Adagio bis hin zur aufregenden Virtuosität in der Toccata
hörte man eine kluge und kreative Interpretation. Der zweite
Teil krempelte das herkömmliche Bild der Orgel als eines
Instrumentes voll sakraler Würde völlig um. Auffallendes
Merkmal des Spiels von Krapp war die verstärkte Herauslösung
der wunderschönen Einzelregister der Walcker-Orgel. Das volle
Werk, mit üppigen 84 Registern ausgestattet, war hier viel
weniger das Ziel klanglicher Repräsentation.
Mit Neugier und
Unsicherheit zugleich las man von den Bearbeitungen im 2.
Teil. Werke von Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel,
Wolfgang Amadeus Mozart, Frederic Chopin, Felix
Mendelssohn-Bartholdy, Richard Wagner und Charles Gounod
(Zugabe) wurden umkomponiert dargeboten, in Fassungen unter
anderen von Franz Liszt und vom Solisten.
Damit hat sich das
Spektrum des Instruments erweitert. Die Standorte Saal und
Kirche haben ihre Konturen geschärft, und zwar zum Vorteil
beider. Gelsenkirchen ist damit weit und breit in einer
besonders glücklichen Lage. Michael Beste |