Die Walcker-Orgel aus dem Hans-Sachs-Haus in Gelsenkirchen

 

"Die Einwohnerschaft der Stadt Gelsenkirchen hat nun dank ihrer großzügigen Stadtverwaltung in dem wundervollen Konzertsaal ihres Hans-Sachs-Hauses eine Orgel der Firma E. F. Walcker & Cie., Ludwigsburg, erhalten, welche durch Einheitlichkeit des Aufbaues und klangliche Auswirkung ihresgleichen sucht und z. Zt. von keiner übertroffen wird."

Aus dem amtlichen Abnahme-Gutachten von 1927

Die Orgel, von der in diesem Gutachten die Rede ist, wurde im Jahre 1927 in der damals größten Bergarbeiterstadt - mitten im Ruhrgebiet - aufgestellt.

Schon bei ihrem Entstehen gehörte sie in vieler Hinsicht, neben den Orgeln in der Reinholdi-Kirche in Dortmund und St. Michaelis in Hamburg, zu den wichtigsten Orgeln ihrer Zeit in Deutschland. Damals, als die so genannte Orgelbewegung die Orgel wieder als Instrument mit eigener Identität entdeckt und die Musik des Barock erneut ins Bewusstsein gerückt hatte, wurde sie von einer der angesehensten und innovativsten Orgelbaufirmen Deutschlands - E.F. Walcker & Cie. - entwickelt. Sowohl ihre wohl abgestimmten Disposition, ihre Größe als auch ihre räumliche Situation ließen die Kritiker schon damals von einer "Wunderorgel" reden. So war sie in das - zur damaligen Zeit - modernste und innovativste Verwaltungs- und Kulturgebäude des Deutschen Reiches mit einem speziell für diese Orgel gebauten Konzertsaal eingepasst, in dem sie als Soloinstrument wie als Begleitinstrument für Chor und Orchester dienen konnte. Und mit ihrem fahrbaren Spieltisch bot sie den Organisten die einmalige Möglichkeit, coram publico vor 1600 Zuhörerinnen und Zuhörern zu spielen.

Heute ist die Orgel aus dem Hans-Sachs-Haus in Gelsenkirchen die einzige Walcker-Orgel aus der Weimarer Republik mit dieser Größe in Deutschland, die die Zeiten überstanden hat und gleichzeitig wohl die größte Konzertsaalorgel Deutschlands. Zwar zwangen die Zeitläufte zu Umbauten und Kompromissen, aber der Kern der Orgel blieb immer erhalten. Von 2003 bis 2007 wurde die Orgel sorgfältig nach den alten Plänen restauriert - ursprünglich, um wieder ihren alten Platz in einem dann in den Originalzustand restaurierten Hans-Sachs-Haus-Saal einzunehmen. Der marode Zustand des Gebäudes, der zu einem Neubau ohne Konzertsaal führte, ließ eine Rückkehr ins Hans-Sachs-Haus allerdings nicht mehr zu. Trotz intensiver Suche konnte zunächst weder in Gelsenkirchen noch in einer anderen Stadt ein angemessener Saal für das Instrument gefunden werden.

Ab Mitte 2020 wird die Orgel in der Pfarrkirche St. Antonius wird in vollem Klang gehört werden können - mit Fernwerk. Doch die musikalische Verbindung zu Gelsenkirchen wird damit nicht abreißen.

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